Samstag, 14. August 2010

Bewertung Betriebsvermögen

Unternehmensbewertung bei Vererbung und Verschenkung vom Betriebsvermögen
Mit dem zu 01.01.2009 in Kraft getretenen Gesetz zur Erbschaftsteuerrefom (ErbStRG-E) und der Anteils- und Betriebsvermögensbewertungsverordnung (AntBVBewV-E) hat der Gesetzgeber die Versteuerung für:
Vererbtes Betriebsvermögen
Verschenktes und kostenlos übertragenes Betriebsvermögen
nachhaltig neu geregelt.
Alle Unternehmen werden künftig im Erb- und Verschenkungsfall und unabhängig von der Rechtsform (Personen- oder Kapitalgesellschaft) mit dem sog. gemeinen Wert (Verkehrswert) im Rahmen einer Unternehmensbewertung preislich bewertet. Der sog. gemeine Wert (Verkehrswert) eines Unternehmens bildet nunmehr die Basis für die Höhe der Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer beim Erben bzw. Beschenkten.
Kleinst-Betriebe unter 150.000 € und Groß-Betriebe über 32.000.000 € sog. gemeinen Wert als Verkehrswert sind von der Regelung nicht sehr wesentliche betroffen bzw. erfasst.
Für alle typischen Mittelständler mit über 150.000 € und unter 32.000.000 € sog. gemeinen Wert als Verkehrswert ändert sich jedoch sehr wesentliche Grundlagen für die Besteuerung der Erbes bzw. der Schenkung.
Der sog. gemeinen Wert als Verkehrswert wird im vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelt, für das der Gesetzgeber eindeutige Vorgehensverfahren und Berechnungsmethoden als Unternehmensbewertung festgelegt hat.
Gleichzeitig hat der Gesetzgeber auch festgelegt, dass das vereinfachten Ertragswertverfahren dann nicht anzuwenden ist, wenn es zu „objektiv zu falschen Ergebnissen“ führt. In diesem Fall hat der Gesetzgeber die Anwendung auch von anderen, markt- oder geschäftsüblichen Bewertungsverfahren als Methoden er Unternehmensbewertung zugelassen, die für außersteuerliche Zwecke allgemein anerkannt sind. Anzuwenden ist diejenige Methode, die ein Erwerber (des Unternehmens) der Bemessung des Kaufpreises zugrunde legen würde.
Welche anderen, markt- oder geschäftsüblichen Bewertungsverfahren der Gesetzgeber bzw. die Finanzbehörden hier als Unternehmensbewertung zulässig betrachten, kann erst im Laufe der nächsten Jahre und sicher erst nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BFH oder BVG) klar festgelegt werden.
Das vereinfachten Ertragswertverfahren und die anderen, markt- oder geschäftsüblichen Bewertungsverfahren zur Unternehmensbewertung legen jedoch die Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer beim Erben bzw. Beschenkten fest, d.h. je nach Verwandtschaftsgrad und Steuerklasse zwischen ca. 7 und 50% des steuerpflichtigen Erwerbsanteils.
Es kann also für den Erben bzw. Beschenkten finanzielle sehr wesentlich sein, ob die Bemessungsgrundlage seiner Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren oder anderen, markt- oder geschäftsüblichen Bewertungsverfahren zur Unternehmensbewertung durchgeführt wurde, da hiermit die Höhe der fälligen Steuerlast bemessen wird. Je höher der berechnete Unternehmenswert bemessen ist, desto höher wird die darauf fällig Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer.
Die Kritik am vereinfachten Ertragswertverfahren liegt einerseits darin, dass alleine der in der Vergangenheit erzielte Unternehmensgewinn (letzte 3 Geschäftsjahre als Durchschnitt), die Basis für die Berechnung des sog. gemeinen Wert als Verkehrswert bildet und pauschal unterstellt wird, das dieser in der Vergangenheit erzielte durchschnittliche Unternehmensgewinn auch unendlich in die Zukunft fortgeschrieben kann. Es wird damit pauschal angenommen, dass das Unternehmen immer und ewig in der Zukunft den gleichen Unternehmensgewinn erzielt, wie in der Vergangenheit.
Die Kritik am vereinfachten Ertragswertverfahren liegt anderseits darin, dass die Abzinsungssätze (Diskont) der zukünftigen und „pauschalierten“ Unternehmensgewinn mit derzeit nur „ebenfalls pauschalierten“ ca. 8.5% bis 9.0% vorgenommen wird. Eine individuelle Bewertung des Unternehmensrisikos (berechnet über die Abzinsungssätze (Diskont)) ist im vereinfachten Ertragswertverfahren nicht vorgesehen, obwohl jedem Unternehmer, aus Erfahrung, klar ist, das es Unternehmenskonzepte mit sehr hohen und eher niedrigen Risiken gibt, also z.B. perspektivisches Insolvenzrisiko und perspektivisches Gewinn- und Verlustrisiko.
Ein z.B. sehr stark oder fast ausschließlich auf einen einzelnen Inhaber fixiertes Unternehmen, ohne 2te Führungsebene, mit sehr hoher Bindung an nur einen oder sehr wenige Kunden oder Lieferanten oder Produkte oder Märkte, mit sehr hohem Anlage- oder Umlaufvermögen bzw. Umlaufkapital und hohem Fremdkapitalanteil bzw. sehr geringem Eigenkapital, hat eben (statistisch und aus Erfahrung) eine deutlich schlechtere "dauerhafte Überlebens- und Erfolgswahrscheinlichkeit", als ein Unternehmen, das sehr deutlich diversifizierter zu Kunden, Lieferanten, Produkten, Märkten, personellen Bindungen usw. aufgestellt ist, wenig Kapital bindet und nur mit Eigenkapital finanziert ist. Dies würde sich auch im "marktüblichen" Verkaufspreis dieser beiden Firmen (aus Sicht eines Käufers) klar wiederspiegeln.
Beide vorgenannten Faktoren führen, nach ab 01.01.2009 geltenden Recht, dazu, dass nach vereinfachten Ertragswertverfahren berechnete Unternehmenswerte zu einem „steuermaßgeblichen“ Unternehmenswert führen, der ca. 11.5 x des in der Vergangenheit erzielte durchschnittliche Unternehmensgewinn beträgt.
Anders betrachtet: Wenn das ererbte oder geschenkte Unternehmen einen durchschnittlichen Unternehmensgewinn von 250.000 € p.a. hatte, ist der „steuermaßgebliche“ Unternehmenswert zur Berechnung der darauf fällig Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer ca. 2.875.000 €, mit folgend ca. 7 und 50% Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer auf den steuerpflichtigen Erwerbsanteil, abzüglich Freibeträgen usw.
Gerade für Unternehmen mit:
stark schwankendem Unternehmensgewinn
erkennbarer zukünftiger Umstrukturierungsnotwendigkeit
Unternehmen mit starkem Wachstum oder starker Schrumpfung
Unternehmen mit ausgeprägten Konjunktur- und Gewinnzyklen
Unternehmen mit sehr langfristigen Investitionszyklen im Anlagenvermögen
Unternehmen mit sehr weit abgeschriebenem Anlagevermögen und folgend ausgeprägten Investitionsplänen
Unternehmen die nach der Vererbung bzw. Verschenkung nicht beim Erben bzw. Beschenkten selbst weitergeführt werden sollen
Unternehmen die nur ein geplant zeitlich befristetes Geschäftsmodell haben
Unternehmen deren Geschäftsgrundlagen bzw. Möglichkeiten zeitlich befristet sind etc.
kann er daher sinnvoll sein den Unternehmenswert nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren und zusätzlich einem anderen, markt- oder geschäftsüblichen Bewertungsverfahren berechnen zu lassen (z.B. DCF-Ertragswerte) und die jeweils günstigere Unternehmensbewertung als Basis für die Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer bei den Finanzbehörden vorzutragen.

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